Vor dem Atelier steht das Motorrad, Sinnbild dafür, immer wieder aufzubrechen. Denn Joachim R. Niggemeyer ziehen unerschöpfliche Möglichkeiten magisch an, er will erkunden, um nicht stehen zu bleiben und herauszufinden, was sich in seinem Leben fest verankern möchte und was vorüberzieht. Wie eine Landschaft im Vorbeiflug auf dem Motorrad. Immer wieder zieht es Niggemeyer fort, um frische Energie zu tanken und dann bleibt der Blick plötzlich auf einem Punkt ruhen und prägt sich diesen genau ein. Reisen, Unterwegssein ist für Niggemeyer neben der zwischenmenschlichen Interaktion eine der wichtigsten Inspirationsquellen. Es weitet den Blick und die innere Einstellung, überwindet Grenzen, was essenziell für Niggemeyers künstlerisches Schaffen ist. Eindrücke, Landschaften, Menschen und Naturphänomene sammelt er in seiner Erinnerung, in Fotografien oder Skizzen und diese finden Einzug in sein Schaffen – mal in der Malerei, mal als Radierung, Zeichnung, als Installation/Skulptur, Fotomontage oder als Cartoon.
Niggemeyer lässt die üppige Fülle der Möglichkeiten nicht los und immer wieder lotet er die bildnerischen Mittel, die künstlerischen Techniken neu aus, die er sich im Laufe seines jahrzehntelangen autodidaktischen Werdegangs meisterhaft angeeignet hat. Er experimentiert mit ihnen und vervollkommnet sein Ausdrucksrepertoire, ohne sich selbst je zu verleugnen.
Auf den ersten Blick scheint es keinen Kamm zu geben, über die man die unterschiedlichen Arbeiten scheren kann. Doch immer wohnen den Werken der unverwechselbare Blick auf die Erscheinungen, das ausgeprägte narrative Element, die meisterhafte Linienführung des Zeichners und die Präzision der Ausarbeitung inne, die seine Kunst so charakteristisch machen.
So unterschiedlich die Werke in verschiedenen Techniken auch sind, sie implizieren immer ein Rendezvous – es entsteht ein Spannungsfeld zwischen den Polen seiner Kunst, zwischen Organischem und Geometrie, zwischen Licht und Schatten, dem Hier und Dort, zwischen Nähe und Distanz, Fragmenten und dem Ganzen, zwischen Plan und Zufall.
Bewegung ist also der Ursprung des schöpferischen Prozesses, aus ihr entstehen Linien, Wege, Flächen und Räume, Kontraste und Harmonien. Und so ist es nur folgerichtig, wenn es Joachim R. Niggemeyer beim nächsten Wind – sei es ein Gegenwind oder Nordwind – wieder hinaustreibt und er sich auf sein Motorrad schwingt, Erfahrungen und Eindrücke zu sammeln, Inspiration zu finden und den Horizont ins Unendliche auszuweiten, was in seinen Werken zum Ausdruck kommen wird.
Angela Mahmoud, M. A.